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Über Brachen, Gartenhäuser und Garagen sowie die Zukunft des Rosensteinquartiers.

Wenn etwas brach liegt, wird es nicht bewirtschaftet. Wenn es keinen Plan gibt, weiß man nicht, wo man in Zukunft landet. Wenn keine klaren Ziele definiert sind, besteht die Möglichkeit, sich zu verirren. Das Brachliegende, das noch Unverplante, das nicht zuletzt Ziellose macht vielen Menschen Angst und ist doch die Voraussetzung für Kultur, wirtschaftliche Weiterentwicklung und Innovation.

Denn das, was heute der Region Stuttgart Arbeit schafft, begann in einem Gartenhäuschen in Cannstatt. Ein mutiger Pionier, Gottlieb Daimler, bastelte dort an einem Motor und hielt sich nicht an irgendwelche Zweckbestimmungen zu Raum und Zeit. Was damals die wenigsten als sinnvoll erachteten, war der Beginn einer neuen Ära. Nicht anders war es bei den großen Unternehmen, die heute den Takt vorgeben. Egal, ob Microsoft, Google, Apple oder Amazon: sie alle nahmen ihren Anfang in einer Garage. Räume, die nicht bewirtschaftet und vor allem nicht verpflanzt wurden, die darüber hinaus billig und verfügbar waren, wurden zu kreativen Werkstätten, zu Rückzugsorten ohne Denkverbote. Es wird immer schwieriger, solche Orte in den urbanen Zentren der Welt zu finden. Auch in Stuttgart sind sie am Verschwinden. In den Garagen stehen Autos, und die Gartenhäuschen werden abgerissen. Gleichzeitig bemühen sich die globalen Konzerne, bunte Landschaften zu bauen, in welchen Angestellte endlich kreativ sein können und die Innovationen für morgen entstehen sollen. Dass dabei Fassaden herauskommen, die zwar den Namen Kreativität tragen, aber keine entstehen lassen, ist leider oft zu beobachten. Doch es gibt Hoffnung.

Auf den Flächen vor der Wagenhalle am Nordbahnhof hat sich in den letzten 10 Jahren ein Freiraum für Kreativität und Kunst entwickelt. Es sind Container, Gartenhäuschen und Garagen entstanden. Schon jetzt findet sich hier der Spirit, der überall gefragt und doch so schwer zu finden ist. Künstler, Visionäre und Macher forschen, experimentieren und sind unternehmerisch tätig. Aus diesem bereits existierenden kulturellen und innovativen Potenzial könnte in Zusammenarbeit mit Wirtschaft, Wissenschaft und Investoren ein authentisches Kreativquartier entstehen. Eines, das seinen Namen wirklich verdient hat.

Was es jetzt braucht, ist eine mutige Entscheidung der Stadt Stuttgart, die Flächen nicht zu verplanen mit sinnlosen Großprojekten, sondern deren Entwicklungspotenzial zu sehen. Dazu gehört es, den existierenden Freiraum des Kunstvereins Wagenhalle und des Stadtacker Wagenhallen e.V. zu schützen und für die Verzahnung zwischen allen Akteuren vor Ort zu sorgen. Einzigartigkeit entsteht, wenn es große Flächen gibt, auf denen eine Vielfalt an kleinen Projekten existiert, die sich stetig neu erfinden können.

Warum gibt es keine Sonderwirtschaftszonen für Kreative? Warum haben wir solche Angst vor dem Neuen? Manchmal braucht es Mut, Freiräume zu schaffen. Sie gemeinsam mit den Akteuren vor Ort zu entwickeln, anstatt ein ganzes Quartier zu verplanen. Für manche ist es nur eine Brache, eine leere Garage, ein kleines Gartenhäuschen – für andere der Geburtsort von Meisterwerken, von zukunftsweisenden Erfindungen und einem neuen Naturbewusstsein. Die Frage ist, ob Stuttgart es sich leisten kann, diese Zukunft zu verbauen.

 

 

Erschienen 2019 als Beitrag in: Transformation C1 / C2 – Ein Arbeitspapier – Konzept für eine innovative Entwicklung des Wagenhallen-Quartiers des Kunstverein Wagenhalle Stuttgart.

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