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1# Buchrezension: Avanti Dilettanti für Kulturmanagement.net

English version below. 

Vorbei ist die Zeit, in welcher der*die einsame Künstler*in geniale Kunst im Atelier machte und nur noch entdeckt zu werden brauchte. Erfolgreiche Künstler*innen werden immer mehr zu Manager*innen, die Entscheidungen treffen, Kunstproduktionen koordinieren sowie die Kunstvermittlung geschickt führen: Sie müssen sich professionalisieren. „Avanti Dilettanti“ beleuchtet diesen Prozess aus unterschiedlichen Perspektiven.

Professionalisierung im Feld der Zeitgenössischen Kunst

Das Berufsbild der Kunstschaffenden im Feld der Zeitgenössischen Kunst hat sich gravierend verändert: Sie arbeiten zwar noch immer im Atelier, sie forschen aber auch, kümmern sich um Finanzmanagement und Netzwerke, organisieren Ausstellungen und ihre eigene Öffentlichkeitsarbeit und schreiben nicht zuletzt viele Projektanträge. Das sind alles kunstferne Tätigkeiten, die aber dennoch berufsrelevant sind, wenn man als Künstler*in seine Berufung zum Beruf machen will. Anlässlich des 10-jährigen Bestehens des Kunstbüros der Kunststiftung Baden-Württemberg und dem dazugehörigen Symposium im Jahr 2019 befasst sich die Publikation, die 2020 im transcript Verlag erschienen ist, mit diesen Veränderungen und der sich daraus ergebenen zeitgemäßen und nachhaltigen Professionalisierung von Künstler*innen. Im Zentrum stehen dabei die vier Beiträge des Kunsthistorikers und Kulturwissenschaftlers Wolfgang Ullrich, der Kunstwissenschaftlerin und Beraterin für Künstler*innen Birgit Effinger, der Bühnenbildnerin, Filmemacherin und Kuratorin Constanze Fischbeck sowie des Leiters des Landesbüros für Bildenden Kunst (LaB K) in NRW Emmanuel Mir.Im Grußwort von Petra Olschowski (Staatssekretärin im Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg) und der Einleitung von Regina Fasshauer & Antonia Marten (Leitung des Kunstbüros der Kunststiftung Baden-Württemberg) kommt die wesentliche und wichtige Zielsetzung der Professionalisierung von Kunstschaffenden zum Vorschein: Es geht um nichts anderes als Empowerment und Selbstbestimmung der Künstler*innen.

Ob dies durch die Professionalisierung von Kunstschaffenden wirklich erreicht wird oder die Autonomie der Kunst gerade dadurch abhandenkommt, wird im Kunstbetrieb heftig diskutiert. Die Kritik an den Akademien, die einem veralteten und unprofessionellen Berufsbild von Künstler*innen nachhängen, ist im vorliegenden Band unübersehbar.

Vom autonomen Kunstwerk zum nachfrageorientierten Projekt

Wolfgang Ullrich geht in einer gewohnt scharfsinnigen Analyse tiefer auf die Veränderungen des Berufsbildes ein und stellt dabei auch in der Kunst eine Transformation fest. Durch die bürokratischen Anforderungen und Vorgaben, wie es sie zum Beispiel im Kunstfördersystem, beim politisch-moralischen Kurator*innenmarkt oder auch beim klassischen Kunstmarkt heute gibt, verändert sich das Kunstwerk zu einer nachfrageorientierten Projektkunst, die als Projektionsfläche für den Zeitgeist dient. Erfolgreich sind Werkformen, die sich je nach Anlass, Thema und Zielgruppe unterschiedlich kontextualisieren lassen. Dafür braucht es andere Tätigkeiten, „die mit dem Berufsbild, das bisher von Künstler*innen existierte, wenig zu tun haben, die aber geradezu beliebig professionell gestaltet und ausgeführt werden können“ (S. 29). Dazu gehören etwa das professionalisierte Antragschreiben sowie die öffentlich wirksame Projektarbeit. Solche bürokratischen Anforderungen definieren immer mehr den Rahmen der eigenen Arbeit und können sogar zur Sinnstiftung werden. Die Kunst steht dabei nicht mehr im Vordergrund.Der kürzlich verstorbene Kulturanthropologe David Graeber, der das empfehlenswerte Buch „Bullshit Jobs: Vom wahren Sinn der Arbeit“ geschrieben hat, würde dazu sagen, dass es immer einfacher ist, das Management zu verkaufen als die Kunst selbst. Vor anderen (wie z.B. Förderer*innen), aber auch vor sich selbst als Kunstschaffenden. Diese Gefahr, dass immer mehr Bürokratie geschaffen wird und damit immer mehr Professionalisierung vonnöten scheint, weil sich damit Geld und Sinn verdienen lässt, ist eine berechtigte und ernst zu nehmende Kritik. Dieses Problem beschränkt sich bei Weitem nicht nur auf das Kunstfeld.

Strategien des Empowerments
Wie dies funktionieren könnte, beschreibt Birgit Effinger praxistauglich in folgenden 7 kurzen Abschnitten:
1. Künstlerische Arbeit, Organisation und Struktur,
2. Radius, Netzwerk, Positionierung,
3. Schreiben und Sprechen,
4. Sichtbar machen – öffentlich werden,
5. Arbeiten und (Über-) Leben im Kunstbetrieb,
6. Vorbereitung auf die berufliche Praxis
7. Empowerment
Keineswegs geht es dabei um nur eine Sichtweise auf den professionellen Beruf des Kunstschaffenden. Sondern es geht um praxistaugliche Vorstellungen von diversen und verschiedenen Berufsbildern, die es Kunstschaffenden ermöglichen sollen, von ihrer Arbeit leben zu können.  Für die einen kann ein erfolgreicher Berufsweg bedeuten, einen kunstfernen Brotberuf in die Arbeit zu integrieren. Für jemand anderen führt der richtige Weg eher in eine Kulturinstitution. Für manche wiederum wird die volle Konzentration auf die Kunst und die damit verbunden Aufgaben zum Erfolg führen. Jeder Weg kann richtig sein und eine individuelle künstlerische Freiheit ermöglichen. Doch dafür braucht es eine aktive Auseinandersetzung mit sich selbst, den eigenen Zielen und dem künstlerischen Feld.
Künstler*innen vereinigt euch

Langsam verstehen Künstler*innen, dass es Gegenmodelle zum neoliberalen auf Konkurrenz und Wettbewerb basierenden Kunst-Ego-Trip braucht, um das eigene Arbeitsfeld und Berufsstand gesellschaftlich voranzubringen. Constanze Fischbeck schildert, dass dies nicht immer so war und vermutlich viele Künstler*innen heute immer noch in die gleichen Muster der billigen Konkurrenz verfallen. Aus ihren eigenen Erfahrungen schildert Sie, wie aus Mitstudierenden über Nacht Mitkonkurrent*innen wurden und Sie mit der naiven Idee einer gemeinsamen Interessenvertretung scheiterte. Genau diese sind aber so wichtig, wenn man die Prekarität und die informellen Machtstrukturen abbauen möchte. Sie stellt fest: Hierfür eignen sich kollektive, alternative Räume oder genauer gesagt Gegenöffentlichkeiten, um neue Arbeits- und Handlungsräume gemeinsam auszuprobieren und zu entwickeln.Welche Rolle dabei Institutionen wie das Kunstbüro oder das LaB K in NRW spielt, führt Emmanuel Mir aus und fordert ein neues Wir-Gefühl in der bildenden Kunst: Strukturiert und organisiert euch, kommuniziert und fangt an, nicht nur die Spielregeln des Kunstbetriebs zu verstehen – sondern sie aktiv zu gestalten. Künstler*innen müssen dabei ihre eigene Rolle als universelle Experten*innen für die Gesellschaft finden oder annehmen. Nicht als dilettantische Ingenieur*innen oder Technokraten*innen, sondern als professionelle Kunstschaffende. Denn die Kunst hat dann die Kraft der Gesellschaft zu helfen, wenn sie sich selbst ernst nimmt.

Pragmatismus und Zukunftsfragen

Insgesamt ist „Avanti Dilettanti“ ein gelungenes und übersichtliches Werk zum Thema der Professionalisierung im Feld der Zeitgenössischen Kunst. Die unterschiedlichen Perspektiven aus der Kulturwissenschaft, Praxis und öffentlichen Kunstinstitution lassen vielfältige Diskussionen zu und zeigen die umkämpften Gebiete klar auf. Hier könnte auch eine Schwäche der Publikation liegen, da die Vielfalt auf Kosten der Tiefe der einzelnen Perspektiven geht. Für Kulturmanager*innen, die eher praxisorientiert unterwegs sind, bietet „Avanti Dilettanti“ nicht viel Neues. Für eine diverse Einarbeitung in den Diskurs mit kulturwissenschaftlicher Auseinandersetzung ist die Publikation trotzdem zu empfehlen.Das Buch richtet sich aber im Wesentlichen an Künstler*innen, die sich mit dem Thema Professionalisierung befassen und bietet einen wunderbaren Input über die eigene Positionierung nachzudenken. Empowerment heißt dabei, sich mit diesen Fragen auseinanderzusetzen, das eigene Umfeld besser zu verstehen und am Ende aktiv zu gestalten. Die bloße Ablehnung ohne eine Reflexion bedeutet das Gegenteil davon. Hier liegt eine wichtige offene Frage, welche die Publikation zwar in den Grundzügen umreißt, aber mehr Antworten und Reflexion brauchen könnte.

Die Kunstschaffenden haben die Möglichkeit, wie Constanze Fischbeck schreibt, ihre eigene Situation und Struktur mit den eigenen Mitteln und Medien zu reflektieren und unter Umständen sogar Lösungen dafür zu entwickeln. Eine Vorstellung von Kunstwerken, welche die ökonomischen bzw. professionellen Strukturen reflektieren, wäre für „Avanti Dilettanti“ eine weitere Bereicherung gewesen.

Als Einführung in den Diskurs ist die Publikation jedoch ein definitives Muss für Studierende in den Akademien. Die habituelle Ablehnung, sich mit diesen Themen zu befassen, ist bemerkenswert und „Avanti Dilettanti“ liefert neben einer Analyse der Herausforderungen und Zukunftsfragen einfache, pragmatische Ansätze, um sich selbst besser im Kunstfeld zu positionieren.

 

 

1# Book review: Avanti Dilettanti for Kulturmanagement.net

Gone are the days when the lone artist made brilliant art in the studio and only needed to be discovered. Successful artists are increasingly becoming managers who make decisions, coordinate art productions, and skillfully lead art education: They have to professionalize themselves. „Avanti Dilettanti“ illuminates this process from different perspectives.

Professionalization in the field of contemporary art

The professional image of artists in the field of contemporary art has changed dramatically: They still work in the studio, but they also do research, take care of financial management and networks, organize exhibitions and their own public relations, and last but not least write many project proposals. These are all activities that are far removed from art, but which are nevertheless professionally relevant if you want to turn your vocation into a career as an artist. On the occasion of the 10th anniversary of the Art Office of the Kunststiftung Baden-Württemberg and the associated symposium in 2019, the publication, which was published by transcript Verlag in 2020, deals with these changes and the resulting contemporary and sustainable professionalization of artists*. The four contributions by art historian and cultural scientist Wolfgang Ullrich, art scholar and consultant for artists Birgit Effinger, stage designer, filmmaker, and curator Constanze Fischbeck, and the director of the Landesbüro für Bildenden Kunst (LaB K) in NRW Emmanuel Mir are central to the symposium. In the greeting by Petra Olschowski (State Secretary in the Ministry of Science, Research and the Arts Baden-Württemberg) and the introduction by Regina Fasshauer & Antonia Marten (Head of the Art Office of the Kunststiftung Baden-Württemberg), the essential and important objective of the professionalization of artists emerges: it is about nothing other than empowerment and self-determination of the artists*.

Whether this is really achieved through the professionalization of artists or whether the autonomy of art is lost as a result is a matter of heated debate in the art world. Criticism of the academies, which cling to an outdated and unprofessional professional image of artists, is unmistakable in this volume.

From autonomous artwork to demand-oriented project

In his usual perceptive analysis, Wolfgang Ullrich delves deeper into the changes in the professional image, noting a transformation in art as well. Due to the bureaucratic requirements and guidelines, as they exist for example in the art funding system, in the political-moral curator market or also in the classical art market today, the work of art is changing into a demand-oriented project art, which serves as a projection surface for the spirit of the times. Successful are forms of work that can be contextualized differently depending on the occasion, theme, and target group. This requires other activities „that have little to do with the professional image that has existed of artists up to now, but which can be professionally designed and executed almost at will“ (p. 29). These include, for example, professionalized application writing and publicly effective project work. Such bureaucratic requirements increasingly define the framework of one’s own work and can even become a source of meaning. The recently deceased cultural anthropologist David Graeber, who wrote the highly recommended book Bullshit Jobs: The True Meaning of Work, would say that it is always easier to sell the management than the art itself. In front of others (such as funders), but also in front of oneself as an artist. This danger that more and more bureaucracy is created and thus more and more professionalization seems to be necessary, because money and meaning can be earned with it, is a justified criticism that must be taken seriously. This problem is by no means limited to the field of art.

Strategies of empowerment

Birgit Effinger describes how this could work in a practical way in the following 7 short sections:

1. artistic work, network/organization and structure,
2. radius, network, positioning,
3. Wirsing and speaking,
4. making visible – becoming public,
5. working and (over-)living in the art world,
6. preparation for professional practice,
7. empowerment

By no means is it about only one view of the professional profession of the arts. Rather, it is about practical ideas of diverse and different professional profiles that should enable artists to make a living from their work.  For some, a successful career path may mean integrating a bread-and-butter occupation that is not related to art into their work. For someone else, the right path is more likely to lead to a cultural institution. For some, again, full concentration on art and the tasks associated with it will lead to success. Each path can be right and enable individual artistic freedom. But this requires an active engagement with oneself, one’s own goals and the artistic field.

Artists unite

Artists are slowly understanding that counter-models to the neo-liberal art-ego-trip based on competition are needed in order to advance their own field of work and profession in society. Constanze Fischbeck describes that this has not always been the case and that probably many artists today still fall into the same patterns of cheap competition. From her own experience, she describes how fellow students became competitors overnight and how she failed with the naive idea of a joint representation of interests. However, these are precisely what are so important if one wants to dismantle precariousness and informal power structures. She states: „Collective, alternative spaces or, more precisely, counter-publics are suitable for this, in order to try out and develop new work and action spaces together.Emmanuel Mir elaborates on the role played by institutions such as the Kunstbüro or LaB K in NRW and calls for a new sense of „we“ in the visual arts: „Structure and organize yourselves, communicate and begin not only to understand the rules of the art business – but also to actively shape them. Artists have to find or accept their own role as universal experts for society. Not as dilettante engineers or technocrats, but as professional artists. Because art has the power to help society when it takes itself seriously.

Pragmatism and questions about the future

Overall, „Avanti Dilettanti“ is a successful and clear work on the topic of professionalization in the field of contemporary art. The different perspectives from cultural studies, practice and public art institutions allow for diverse discussions and clearly show the contested areas. This could also be a weakness of the publication, as the diversity comes at the expense of the depth of the individual perspectives. For cultural managers who are more practice-oriented, „Avanti Dilettanti“ does not offer much that is new. Nevertheless, the publication is recommended for a diverse familiarization with the discourse of cultural studies. However, the book is essentially aimed at artists who are concerned with the topic of professionalization and offers a wonderful input for thinking about one’s own positioning. Empowerment means to deal with these questions, to better understand one’s own environment and in the end to actively shape it. Simply rejecting them without reflection means the opposite of this. Here lies an important open question, which the publication outlines but could use more answers and reflection.

As Constanze Fischbeck writes, the artists have the opportunity to reflect on their own situation and structure with their own means and media and possibly even to develop solutions for it. A presentation of artworks that reflect economic or professional structures would have been a further enrichment for „Avanti Dilettanti“.

As an introduction to the discourse, however, the publication is a definite must for students in the academies. The habitual refusal to deal with these issues is remarkable, and „Avanti Dilettanti“ provides, in addition to an analysis of the challenges and future issues, simple, pragmatic approaches to better position oneself in the art field.

 

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